Lang ist’s her seit dem letzten Blog. Deshalb der etwas gestelzte Titel. Verbindender Nenner ist Spanien: Im allerletzten Beitrag der innerspanische Frühjahrsausflug von Dénia ins von dort nahe unverhofft verschneite bergische Mallorca. Hier, im Folgenden schließen sich aktuelle herbstliche Reiseerlebnisse zwischen Ambach und Dénia an. Das headlinewürdige Stilfser Joch inklusive.
Im halben Jahr dazwischen fehlen die ursprünglich geplanten weiteren Mallorca-Eindrücke mit Schwerpunkt Palma und die anschließende Fanzara-Graffiti Rückreise aus Spanien nach Ambach. Genug weiteren Stoff gab’s danach von Touren um Schwabing, neuen Münchner Schlachthof-Graffitis, von den elegant geformten Drumlins des Voralpenlandes aus der Moränenzeit und heuer errichteten Maibäumen. Eigentlich passende Contents. Vielleicht für später. Unerfreulich Persönliches qualifiziert zum Teil als Ausrede für diese vergangene Bild- und Sprachlosigkeit.
Stattdessen jetzt, kurz & bündig: Es lebe das zeitnahe Erleben! Eine Art (redaktionelles) Carpe Diem, wie dies heutzutage häufig so verdächtig gescheit heißt. Hier also ein paar erinnerungswerte aktuelle Momente der jetzigen Reise nach Spanien.
In Garmisch der etwas wehmütige Blick auf Alpspitze, Zugspitze und die vorgelagerten Waxensteine
Hinter Austria und dem schon italienischen Reschenpass die erste Kaffeepause mit einer kurzen Wanderung zur Etschquelle und ihren felsigen Bunkeranlagen. Es geht zügig voran. Von Zuhause bis zum Stilfser Joch sind’s über den Fernpass und das beschauliche Pitztal nur knappe 250 km, eigentlich ein Tagesausflug denken wir.
Freschissima acqua vergine dell’ Adige
Im Südtiroler Vinschgau spürt man noch nichts von der nahen kurvenreichen Hektik des Stilfser Jochs. Die Handvoll Herbsttouristen und wir stören nicht. Die Ursprünge von Sankt Benedikt in Mals stammen aus der karolingischen Herrschaftszeit Ende des 8. Jh.. Der Turm ist romanisch. Das Juwel hatte seither, zwischen den beiden Hängen, zahlreiche Muren zu überstehen.
Im schlichten Saalbau des Kleinods sind wir allein mit den einzigartigen Fresken. Das macht sie für uns noch wertvoller.
Im zuvor besuchten netten Städtchen Gluns erinnert sich der Fotograf an sein Steckenpferd Kruzifixe …
… und seine Freude an zufälligen für ihn fotogenen Gestaltungskombinationen
Mit Zwiebelturm könnte dies auch ein oberbayerisches Postkartenklischee sein
Das Joch ist nicht mehr fern.An den Nordhängen wird’s winterlich
An Südhängen machen aus dem ländlichen Ambach vertraute betagte Traktoren Mut für den kurvenreichen Aufstieg …
… mit 48 meist extrem spitzen Kehren, ohne jegliche Einsicht auf das was einem so entgegen kommt
Wohlbehalten angelangt – ein kurviger Ausschnitt von oben
Unsere angesteuerte Tibet-Hütte ist in Sichtweite und mit dem Land Cruiser offenbar leicht erreichbar
Kaum angekommen lockt beim Blick aus dem kleinen Hüttenfenster, vor dem hoffentlich zünftigen Hüttenschmaus, ein Abendspaziergang: Der spontane Aufstieg zur legendären Garibaldi-Hütte (2845 m)
Ganz unbeschwerlich ist die kleine Tour dann doch nicht. Ich lass d´Frau vorangehen (Suchbild: War das vielleicht schon der Abstieg?)
Oben die Verbrüderung mit dem legendären wenn auch hier bescheiden metallenen Freiheitskämpfer. Spektakulär sind eher die nahen Schützengräben aus dem ersten Weltkrieg. Hier waren sogar Soldaten der nahen neutralen Schweiz involviert.
Am anderen Morgen sind’s bergab ein paar Kehren weniger. Zumeist kann man sie gut einsehen.
Weiter geht’s Richtung Mailand und Turin.Den Lago di Como erspähen wir jeweils in Sekundenschnelle zwischen den allerdings beeindruckenden kilometerlangen Tunneln. Das Teilziel Frankreich mit Sète lockt.
Zuerst zelebrieren wir traditionsgetreu einen unserer Lieblingspässe, den Col d‘ Izoard(2361 m), südöstlich von Briançon
In Erinnerung an die entgegen kommenden waghalsigen Motorradler in den Haarnadelkurven des Stilfser Jochs reizt uns diese einsame Maschine als alternatives Reisegerät nicht
Jetzt geht´s durch die vergleichsweise liebliche Landschaft des Queyras und dann ins Tal der Durance, der wir dann folgen
Hier wieder mal auf den Spuren des Festungsbauers Vauban (um 1700). Eigentlich suchen wir das in guten Reiseführern so gelobte Village Mont-Dauphin. Die Anlage gehört, mit elf anderen Vauban-Festungen, zum Welterbe.
Gefunden: Die kleine Stadt liegt, vom Tal her nicht erkennbar, gut versteckt hinter den starken Festungsmauern
Im Restaurant unseres heutigen Hotels vor der Festung was Kulinarischesentdeckt : Einen Kalbskopf comme il faut. Auch der große Vauban hätte diese Zubereitung geliebt. Sogar der bodenständige Steirer Manfred bei unserem Münsinger Altwirt hat das frühere Rezept der Altwirtin durch eine zubereitungsleichte Darbietung dieser wertvollen Spezialität ersetzt. Muss ihm unbedingt von Vauban berichten.
LeLac de Serre Ponçon – die Durance durchquert ihn wie die Würm den Starnberger See
Unser nächster Halt ist Sisteron. Es liegt an der Route Napoléon. Von seiner Verbannung auf Elba kommend marschiert Napoléon im März 1815 von seinem mittelmeerischen Landeplatz bei Antibes in einem 7-tägigen Gewaltmarsch über 300 km nach Grenoble. In Sisteron durchbricht die Durance die Montagne de Lure, sozusagen die etwas kleinere Schwester unseres westlich davon liegenden Lieblings, dem Mont Ventoux. Bei Sisteron erhält sie Verstärkung durch den Zufluss der Buëch. Die sogenannte Porte de la Provence gilt als Klimagrenze. Erst südlich von hier gib´s einen ersprießlichen Olivenanbau.
Heuer fällt jedoch auch südlich dieses Olivenäquators die Ernte höchst unbefriedigend aus. Auch bei uns. Seit der schweißtreibenden Wiederherrichtung – mit unserem großartigen Vecino und Amigo Pascual – reichten unsere alten Olivos der Finca immerhin für den anspruchsvollen eigenen Bedarf. Heuer dienen die zwei oder drei tragenden Zweige des kleinen alten Olivos direkt vor unserer Haustür in Dénia wenigstens der Zierde. (Wir hatten ihn vor Baggern gerettet und als einen unserer „städtischen“ Hausbäume hierher verpflanzt.)
Sisterons mächtiger Hausberg ist der Rocher de la Baume
Diese gewachsenen Souvenirs an Napoléon wirken ebenfalls wie Tore („portes“) nach Südfrankreich
Jetzt sind wir durchs Luberon südlich des Lure-Gebirges unterwegs … die weiten Lavendelfelder sind abgeerntet. Natürlich etwas schade.
Insekten laben sich jetzt am Nektar und Duft des Blumenkastenlavendels in den Dörfern
Im ländlichen Luberon endlich mal wieder eine selten gewordene französische Institution
Die begehrten Ockerfarben von Roussillion wirken auch außerhalb der lila-blauen Lavendelblüte
Die provençalische Schönheit Gordes
Wir müssen weiter, der Tag war lang. In Richtung Arles verspüren wir die vertraute Camargue-Landschaft
Dann das Tagesziel Sète mit seinen unzähligen Kanälen. Neben dem Hauptkanal gibt’s jetzt, nach einer längeren Sanierung der Seite zum Mittelmeer hin, noch mehr beschauliche Cafés
Die Kreuzfahrtriesen bleiben Gott sei Dank im Hintergrund und ihre ungemütlichen Passagiere verlaufen sich in der geschäftigen Stadt
Die köstliche (wenn auch nicht so fotogene) Fischsuppe genießen wir in dem am meisten abgelegenen Hafenrestaurant
Die des Herrn Karl vom Buchscharner Seewirt zuhause ist da schon ansehnlicher und natürlich, auf ihre Art, nicht weniger köstlich
Le Plateau – unser traditioneller kulinarischer Höhepunkt in Sète
Auch die Kulisse stimmt
Aber auch nicht zu verachten: Der Blick aus dem heimischen Seewirt während der letzten Fischsuppe am 7. September kurz nach 20 Uhr
Bevor wir die quirlige Stadt am nächsten Morgen verlassen, der letztes Mal aufgeschobene Besuch bei Georges Brassens auf dem hoch oben gelegenen Cimetière le Py (Letztes Mal waren wir bei Paul Valéry auf dem Cimetière marin mit seinem wunderbaren direkten Blick auf den Golfe du Lion)
Le Cimetière marin
Eine französische Institution:Bescheiden und vermutlich deshalb so beliebt und unvergessen. Les copains d´abord heißt sein vermutlich größter Erfolg. Die deutsche Übersetzung mit „Freundschaft“ trifft’s nicht ganz („sur le ventre ils se tapaient fort, les copains d’abord„)
Vor vielen vielen Jahren war das Sträßle zwischen Mittelmeer und dem Bassin de Thau mit seinen Austernzuchten um einiges gemütlicher …
Die geologisch und klimatisch angepassten Pinien ersetzen in diesem Landstrich Napoléons Platanen
Béziers gotische Kathedrale Saint-Nazaire ist uns von außen durch frühere Stadtdurchquerungen vertraut. Die historisch bewegungsreiche Stadt wird durch den Bau des Canal du Midi in der 2. Hälfte des 17. Jh. bedeutender Umschlagplatz für weinhaltige Produkte aus dem regionalen Anbau via Sète nach Bordeaux am Atlantik.
Diesmal besuchen wir die Kathedrale mit der grandiosen Orgel (Ursprung im 17. Jh.) vor der ebenso mächtigen 10-Meter-Rosette am westlichen Ende des mächtigen Kirchenschiffs
Spanien ist nah und lockt zunehmend. Wir entscheiden uns für eine weitere Übernachtung vor Zuhause: im kleinen Pueblo Deltebre inmitten des Ebrodeltas
Eine ländliche Hacienda lockt uns und rechtfertigt den ersten Eindruck
Vor dem abendlichen „cena“ begegnet der mächtige Ebro bei Vollmond dem Mittelmeer
Die etwas andere Art Austern aus dem Ebro zu genießen
Die naturbelassenen regionalen Scheidenmuscheln, normalerweise im Atlantik zuhause, erfüllen unsere Erwartung schon eher
Großartig ist die Fideuà mit Meeresfrüchten des Deltas. Offenbar kann der Ebro nicht nur Reis.
Ein paar wenige Reisfelder sind noch nicht abgeerntet
Vogelbilder sind jetzt selten
Herbststimmung im Delta
Das begehrte Grundnahrungsmittel auf dem Weg in eine der großen Reisfabriken des Umlands
Ganz ohne Unkrautvertilgung geht’s meist nicht. Von unserem Orangenanbau wissen wir dies nur allzu gut.
Unser vertrauter mächtiger Ebro bei Amposta am nächsten Morgen
Dann noch ein morgendlicher Spaziergang zur Burg des nahen Tortosa. Hier sehen wir ihn noch einmal in der Ferne vom Land her zum Delta fließen
Unterwegs ein lustiges Pendant zur obigen französischen Toilette: Im kleinen Straßencafé eines valencianischen Pueblos weist uns die Jefa mit einem Augenzwinkern den Weg zu dieser privat anmutenden Einrichtung
Vor Dénia noch ein Abstecher zum Grafiti-Pueblo Torreblanca (perdón, en español Graffiti con solo una f). Wir suchen und finden neue Objekte. Die älteren Schwarz-Weiß-Bilder beeindrucken uns jedoch wiederum am meisten: Gesichtslose und doch in ihrem jeweiligen Beruf ausdrucksstarke Menschen
Fleißige Bäckersfrauen (mit einer Ausnahme?)
„Management“-Persönlichkeiten waren in den vergangenen zwei Jahrhunderten der recht fortschrittlichen Küstenorte immer schon gefragt. Ständige Anpassungen und neue Wirtschaftsbereiche sind erforderlich: Fischfang, Landwirtschaft, Weinanbau, Produkte daraus, allerlei Gewerbe- und Industriezweige, Keramik, heute oft der Tourismus.
Auch Dénia und seine Region kennen eine sehr wechselhafte Geschichte des Wirtschaftens: Fischfang, Zitrusfrüchte, Weinanbau, Rosinenproduktion, Herstellung und Export von Spielzeug. Heute besteht eine recht sinnvoll erscheinende Mischung und Diversifizierung aus üblichem Handwerk und Handel, Bauwirtschaft, Garten- und Landschaftsgestaltung, Maklertätigkeiten und Tourismus. Hier profiliert sich zunehmend eine diversifizierte bodenständige valencianische Gastronomie. Sie reicht vom 3-Sterne-Lokal von Quique Dacosta bis zu Davids und Teos Chiringuito bei uns am Strand. Differenzierte Zielgruppen sind zu bedienen: Tagesbesucher, länger weilende Strandtouristen, unterschiedlichste Ansprüche von Residenten der Zweitwohnungen und natürlich die einheimischen Vecinos der Stadt.
Ständiger Wechsel und das Probieren „neuer Geschäftsideen“ sind in Dénia an der Tagesordnung. Kaum eine Ankunft ohne irgendeine Neuigkeit: Heute sind an der Esplanade unseres Stadtstrandes Marineta Cassiana nach Las Rotas Probierstände des jetzt jährlichen Gastronomiefestivals aufgebaut. Die Stadt hat es geschafft zu einem bedeutenden Platz valencianischer Essenstradition mit Schwerpunkt Meeresfrüchte und Reis, auch aus dem naheliegenden Marjal de Pego y Oliva, zu werden. (Über die Aussagefähigkeit des Logos D’na und der Plakate könnte oder müsste man sicherlich streiten)
Der bevorzugte und überwiegende Reiskonsum schließt die „Nudel-Paella“, die Fideuà, nicht aus. Nudelart und beigegebene Meeresfrüchte sind unterschiedlich. Neuerdings überwiegen feine Fadennudeln. Die köstliche Fideuà Negra von Chefkoch Bati Bordés erhält ihre Farbe vom Tintenfisch, schmeckt köstlich und ist trotzdem nicht jedermanns Sache.
Hier die Fideuà-Nudeln des Restaurante Rafel in Pego. Die Fischbrühe dringt auch von innen in die gröbere kurze Nudel (Fideo) ein
Diese Beiden halten´s mit der traditionellen Paella Valenciana. Sie haben soeben aus einem der Festivalstände einen Pappteller voll ergattert und suchen, beängstigend akrobatisch über sandigem Untergrund jonglierend, nach ihren elterlichen Mitessern
Ein paar Meter daneben geruhsames Marianeta-Strandleben mit Karibik-Touch für Paella-Abstinenzler
Im spanischen Zuhause mit farbenfroher Begrüßung angekommen … wie wenn der Hibiskus an der Hausecke seine übliche Blütezeit verzögert hätte
Um die Fronten abzustecken. Man sagt, dass echte Münchner Minga [ˈmɪŋ(:)ə] nicht über ihre Lippen kriegen.
Wohl die Leut´aus dem Umland. Die nördlich der Hauptstadt angesiedelten „fahrn auf Minga auffe“, die Südlichen, um uns herum, nutzen das sprachlich aufregende Synonym für München eher unspektakulär wie Muich oder Milli anstelle von Milch. Ob Umland Nord oder Süd, keiner würd´ je sagen „des hoaßt München und ned Minga“.
Unabhängig von derartigen Münchner Empfindsamkeiten, wir inszenieren unsere München-Trips als kleine Minga-Ereignisse, als ganz bewusst wahrgenommene kleine Reisen vom Land – sogar dem Voralpen-Land – in d´Stadt, eben auf Minga auffe.
Lange Jahre nur profane berufliche Rennstrecke, reisen wir nun mit allen Sinnen. So wie damals im Gassenhauer von Vicky Leandros Theo nach Lodz oder, knapp 200 Jahre früher und zugegebenermaßen ein bissle hochgestochen, ein Goethe gen Italien …
Die derzeitige Umleitung nutzen wir für einen kleinen Aufstieg zu Degerndorfs Maria-Dank-Kapelle. Vom Fürst-Tegernberg aus (719 m) genießen wir tief einatmend, mit Rekord-Inzidenzquoten um uns herum, die frische noch kalte Morgenluft und den trotz Frühnebels weiten Blick zum nahen See.
Noch ist Minga spür- und riechbar weit.
Nach der Umleitung ein paar Kilometer auf dem jetzt herbstlich bunten Schleichweg, von hier aus ein kurzer Aufstieg zum besonders liebevoll gestalteten Kruzifix vor Dorfen, diesmal sogar mit abnehmendem Mond am westlichen bairisch-blauen Himmel.
An den Thalkirchener Isarauen ist Minga schon greifbar nahe. Der Fluss kommt aus unserer Richtung und heißt zuvor auch Loisach.
Dieser gescheite Städter öffnet eine extra angefeuchtete harte Nuss mit Geschick und Geduld. Respekt.
Nebendran wird’s schon hektischer, a bisserl wie in der City. Aber keine Spur von skurrilem Schwimm-, Paddel- und Flugverhalten wie´s auf den Wegen drumherum zwischen Zwei- und Mehrräderbewegungen üblich ist.
Auch fällt auf: Gender- und speziesverdächtige Verhaltensfaxen zwischen Schwänen, Blesshühnern, Stockenten und anderem geflügeltem Isargetier, selbst Raben und Krähen – Fehlanzeige.
Einladende Litfaßsäulen und eifrige Jogger signalisieren dem Landmenschen die nahe Stadt. Um die Ecke liegt das Mangostin von Joseph Peter. Es ist um diese Zeit natürlich noch nicht auf. Wir denken genüsslich an sein sonntägliches Brunch.
Eher abschreckend: Über der Isar stehen naturbeflissene Minganer diszipliniert wartend vor Hellabrunn am rechten Ufer und begehren Einlass.
Eigentlich freuen wir uns über diese Graffiti-ähnliche Gestaltung. Die legendäre Treue der Giesinger zu ihren 60ern schafft Sympathie.Außer dem Fußballverein war Giesing auch Sitz unserer florierenden BAW.
Noch wissen wir nicht, dass abends im Fernsehen die Serie München Mord läuft: Die unverwechselbaren Kommissare Ludwig, Harald und Kollegin Angelika geraten – die 60er haben wieder mal verloren – in eine böse Mordgeschichte. Auch die Feindseligkeiten zwischen Blauen und Roten im sonst so friedlichen Minga werden offenbar.
Vom anschließenden Parken unter der Schrannenhalle ist’s nicht weit ins „Eataly“ direkt drüber. Das italienische Augen- und Gaumenparadies offeriert volle Regale weihnachtlicher Vorfreuden, z. B. Panettone di Milano.
Wir denken an unsere Panettoni vom Aldi. Sie ersetzen im spanischen Zuhause bayerische Weihnachtsnaschereien wie die köstlichen Christstollen von der Café-Konditorei Kreutzkamm in der Maffeistraße. Freund Siegfried Vögele hat uns jedes Jahr damit beglückt.
Wer wohl im Eataly all dies hier kauft, fragt sich der Marketingmensch? Als Panettone-Christmas Snack zum Frühstück eignen sich diese Kostbarkeiten mit dem bald zehnfachen Kilopreis eher nicht.
Doch „mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut“ …
Ein paar Schritte weiter das herbstlich geschmückte Minganer Urgestein Karl Valentin
Der Weihnachtsbaum kommt heuer vom Peitinger Friedhof zwischen Ammer und Lech – 60 Jahre alt und 27 m hoch ist die noch ungeschmückte Weißtanne
Mit den Gerätschaften der geräumigen S- und U-Bahn-Baustelle hinterm Rathaus kann die nadelige Weihnachtsgabe vom Land nicht konkurrieren
Unser Ziel, die durchaus sehenswerte Ausstellung in der Kunsthalle.
„Fantastisch Real“ ist ein aus der belgischen Literatur entliehener, leider irreführender Überbegriff für die Vielfalt der gezeigten Werke. Bilder wie beispielsweise die aus dem armen sozialen Milieu der fortschreitenden Industrialisierung und ihrer Missstände können schwerlich fantastisch real sein und sind es auch nicht.
Da ist der Satz „Die Werke aus dieser Zeit loten die Grenzen zwischen dem Realen und dem Fantastischen immer wieder aufs Neue aus“ schon treffender. Dafür aber taugt die Headline nicht.
Gewagt ist sicherlich auch der Versuch, die Vielfalt der Werke zwischen Realismus und Fantastischem nach Themenbereichen und Kunstrichtungen zu ordnen und dann (notwendigerweise) auf die verfügbaren Ausstellungsräume zu verteilen. Erkennbar subjektive Beurteilungen der Ausstellungsgestalter lassen sich so nicht vermeiden. Wissbegierige Fans sollten die Tafeltexte zu den jeweiligen Räumen als Anregung zur eigenen Einordnung der Werke begreifen.
Seltsam die ausdrückliche Ankündigung: „Jeder Ausstellungstext beginnt mit einer kurzen Einführung für alle Besucher:innen. Sie ist in einfacher Sprache geschrieben.“
Das hätte ich schon selber merken wollen.
HDM kann sich den schönen Gedanken nicht verkneifen, dass gender- oder diversitätsorientierte Einordnungskonzepte hier Gott sei Dank noch keine Bedeutung haben. Schaue mich um und konstatiere zufrieden dass die Gewichtung ohnehin eindeutig ist.
Was für ein genüssliches Frühstück mit Austern! Der Maler James Ensor zeigt aus seinem eigentlich engen Heimatort Ostende heraus nicht nur mit seinen Fratzen-Masken auf das zunehmend dekadente Bürgertum. Das scheinbar friedliche Stillleben mit all den schönen Dingen führt aufgrund der sexuell konnotierten Austern damals zum Skandal.
Der Dom um die Ecke lockt immer. Er grüßt uns während langer Berufsjahre bald jeden Tag schon ein paar Kilometer vor dem Ende der Garmischer Autobahn, am Luise-Kiesselbach-Platz. Ein prägnantes Bild dafür, in München engagiert zu arbeiten, draußen naturnah ländlich zu leben und beides symbiotisch zu begreifen.
(Am Ende eines langen Weges das Ziel oder ein Sinnbild dafür zu erkennen, ist eine schöne wie hilfreiche Erfahrung. Falls Sie mal nach Königsdorf und vielleicht weiter nach Tölz reisen wollen, nehmen Sie die Straße von Seeshaupt aus. Zwischen den Wäldern links und rechts, vorwiegend Birken, zeigt die Königsdorfer Kirche während langer Kilometer den sicheren Weg.)
Über den Teufelstritt in der Vorhalle des Liebfrauendoms sagt die Legende, dass der Teufel dem Baumeister Jörg von Halspach beim Dombau dann helfen wollte, wenn die Kirche keine Fenster bekäme.
Als Beelzebub dann in die fensterlose Vorhalle kam, stampfte er vor Begeisterung auf den Boden … Allerdings, angesichts des lichtdurchfluteten Kirchenschiffes mutierte er aus Zorn zum eisigen Wind der bis heute immer wieder den Dom umweht.
Beeindruckend hell und schlicht
In der Tat, als wir den Dom verlassen fegt ein wahrhaft kalter Wirbelwind das trockene Herbstlaub im Kreis über den Platz …
Leider erwische ich fotografisch nur noch die letzten Wirbel. Dann ist, wie man dies vom Teufel erwartet, der Spuk urplötzlich wieder vorbei. Großes Ehrenwort.
Als Trost für das versäumte Video genehmige ich mir den 3a im Residenz-Weinkeller. Der sei immer noch so sauer wie früher weiß die freundliche Bedienung – vermutlich von einer ihrer als kauzig berühmten Vorgängerinnen.
In früheren Jahren lohnte sich die Notierung des zuweilen exzessiven Konsumverhaltens auf dem Filz schon eher
Corona fördert Retro. Bierkrüge zum wiederum abgesagten Oktoberfest sprießen quasi aus den menschenleeren Wiesn.
Das früher höchst gestrenge wenn auch minganerisch typisch willkürliche Genehmigungsritual für strategisch korrektes Design scheint nicht mehr so strikt gehandhabt zu werden … sinniere ich über die früher schier endlosen Jurysitzungen.
Für den herzlichen Wahlminganer aus Linz, der Landeshauptstadt von Oberösterreich, ist der Stammplatz am Lisl Karlstadt-Brunnen so wertvoll wie die Wiesn.
Mir fällt Linzens USP und Claim ein: „Linz ist Linz. Ohne Schnickschnack und Klischees“.
Kurz vor dahoam is dahoam: Nach all den kleinen Minga-Erlebnissen genehmige ich mir noch beim Altwirt ein deftiges Genusserlebnis nach Art des Landes, all meinen veganen Bemühungen zum Trotz
Sohn Joseph und seine tolle Mannschaft setzen die Tradition der Eltern beeindruckend fort – auch auf dem Land nicht mehr selbstverständlich