Michaela Forthuber („Entscheidungsarchitektin“) hat für ihren Blog HDM zu einem lebenswichtigen Thema befragt. Hier sind – für unsere eigenen Leser – die Antworten:
Entscheidungen geschehen rational, emotional, meist sind sie eine Mischung aus beiden. Ich selbst versuche den rationalen Anteil zu steigern, besonders wenn es um was geht. Bei sachlich-fachlichen und quantifizierbaren Entscheidungsinhalten geht dies recht gut. Emotionalitäten lassen sich aber nie ganz vermeiden und beleben. Eine Fahrt ins Blaue kommt annähernd ohne Entscheidungen aus.
Die Schlüsselentscheidung in HDMs beruflicher Entwicklung steht ganz am Anfang: mein Berufsstart bei Procter & Gamble. Obwohl dies nur die konsequente Fortsetzung der vorausgehenden Studienentscheidung ist: Zwei scheinbar sich fremde Fächer Volkswirtschaft und Maschinenbau gleichzeitig ergründen. Ganz ehrlich, eigentlich weiß ich damals noch nicht so recht was ich will – eine Entscheidung nach dem beliebten Motto probieren geht über studieren.
Aber zu P&G – auch hier bin ich zuerst unsicher. Solide Finanzen oder besser das in den großen Unternehmen zunehmend Fuß fassende noch schwammige Marketing? Im Interview überzeugt mich der Chef des Forecasting in seine Abteilung zu kommen, zu den Marketingboys könne ich noch immer. Ich folge prompt seiner Entscheidung.
Gesagt – dann getan, wenn auch über weitere, letztlich vom Unternehmen entschiedene und prima vista scheinbare Umwege: Works Accounting in der Wormser Dash-Fabrik, sprich Buchhaltung für die Produktions- und Lohnabrechnung, das reale tagtägliche technische und logistische Produktionsgeschehen direkt um die Ecke. Als Maschinenbauer fühle ich mich unter Technikern, Chemikern und Einkaufsplanern wohl.
Spätestens jetzt wird mir die recht sinnvolle wenn auch nicht ganz eigenmächtige Entscheidungsfolge bewusst. Die Interdependenz der Funktionen zu erleben fasziniert und macht sicher. Meine Entwürfe von Flowcharts mit ineinander greifenden Handlungs- und Entscheidungsabläufen erfreuen Kollegen und die ganz Neuen im Unternehmen. Ab jetzt steuert diese eigentlich triviale Erkenntnis, dass alles vernetzt ist, bewusst und unbewusst meine Arbeit. In Verbindung mit dem P&G-eigenen Recommendations-System erlangen wir gemeinsam einen hohen Grad von Entscheidungsfreude und Sicherheit.
Good to remember: Ein Schuss der Entscheidung den Lauf lassendes Laisser-aller ist immer wieder dabei und hilfreich. Denn andere haben zuweilen die bessere Entscheidungskompetenz, sogar für einen selbst.
Allerdings, der mir nie aus dem Kopf gehende und dann zügig verwirklichte Drang Marketingmensch zu werden reift. Ich entscheide mich jetzt klar für die neue Aufgabe, starte wieder von Anbeginn ein Training on the Job und komplettiere so das Verständnis vernetzter Managementabläufe. Voraus gehen die Mühen und Freuden das Waschmittelverkaufs zwischen Großhandel und dem Point of Sale an der Straßenecke. Ohne Ackern kein Marketing sagen meine Bosse. Wieder entscheidet sich manches auch wie von selbst.
Überall erfahre ich dass zielführendes Arbeiten nur steuerbar ist durch profunde aber relevante Analysen, klare gemeinsame Ziele und Strategien, interdiszipinär sorgfältig abgestimmte konsequente Pläne und sich auf das Wesentliche konzentrierende Umsetzungen der vorausgehenden Schritte.
Die einzelnen Entscheidungen finden Schritt für Schritt, beinahe spielend, entlang dieses unabdingbaren Prozesses statt. Die aufeinander aufbauende Sicherheit der jeweils richtigen Entscheidung verleiht Kraft und Flügel für den Erfolg.
Beantworten Sie bitte spontan die folgenden 6 1/2 Fragen:
- Was beeinflusst Ihre Entscheidungen?
In den ersten Berufsjahren schwingt die Sorge mit, möglichst keine größeren Fehler fürs weitere Fortkommen zu machen. Später will man seine jetzt erlangte Freiheit von den Zwängen des Elternhauses, der Schule, der Uni u. ä. bewahren. In der Familiengründerphase drücken dann andere Verantwortungen …
- Wie ist Ihr Vorgehen, wenn Sie eine schwere Entscheidung zu treffen haben?
Na ja, den Managementprozess kann man für alle Lebensbereiche anwenden, nicht nur im Marketing. Bei der Partnerwahl – sorry, wenn man ein Haus baut, eine große Reise macht etc..
Das Procedere ist allen gemeinsam: Sich in den jeweiligen Gegenstand vertiefen, sein Ziel definieren, ggf. den Input anderer einholen, drüber schlafen, den richtigen Zeitpunkt wählen und dann selbstbewusst umsetzen.
Leider mögen das manche im privaten Bereich nicht so recht – ist ja auch wenig romantisch. Ein geplantes Ebook dazu habe ich deshalb lieber nicht weiter verfolgt …
- Was haben Entscheidungen aus Ihrer Sicht mit der Realität zu tun?
Entscheidungen sollen letztendlich wahrhaftig und realisierbar sein. Dafür müssen sie mit ihrem Umfeld kompatibel sein, sich daraus entwickeln. Je realitätsbezogener eine Entscheidung ist, desto „richtiger“ und erfolgreicher ist sie.
- Welches war Ihr Lieblingsmärchen als Sie klein waren?
Aus dem Struwwelpeter wird in der Schule Le Petit Prince. Der Kleine gilt auch heute noch.
(Dank an den Karl Rauch Verlag / Kathrin Kunter für die Genehmigung das Buch-Cover zu zeigen)
- Was ist aus Ihrer Sicht am Wichtigsten: Sicherheit, Autonomie oder Anerkennung? (Nur eines nennen und begründen)
Für die Entscheidungsfindung Sicherheit. Sie entsteht aus der profunden Analyse und Prognose des relevanten Umfelds. Da hinein muss die Entscheidung passen um erfolgreich zu sein.
- Wer ist Ihr grösstes Vorbild?
Albert Schweitzer hat mich als einziges Vorbild nie verlassen.
Zum Abschluss:
Welche Entscheidung würde die Welt zu einem besseren Ort machen?
Eine solche Entscheidung gibt es leider nur in Traumwelten. Mit dem überirdisch hehren Ziel wäre sie zu weit von der Wirklichkeit entfernt und nicht umsetzbar. Realistisch sein erhöht die Durchsetzungswahrscheinlichkeit.
Vage Ziele taugen ohnehin nicht. Versprechender ist, stattdessen, eine überzeugende Vielfalt kleiner konsistenter Entscheidungen mit jeweils konkreten bescheideneren Einzelzielen. Die Vision treibt sie an.
Den Managementprozess des Marketing finden Sie als Schema auf der Startseite rechts und direkt darunter in „Die Gesamtschau des Marketing“