Lang ist’s her seit dem letzten Blog. Deshalb der etwas gestelzte Titel. Verbindender Nenner ist Spanien: Im allerletzten Beitrag der innerspanische Frühjahrsausflug von Dénia ins von dort nahe unverhofft verschneite bergische Mallorca. Hier, im Folgenden schließen sich aktuelle herbstliche Reiseerlebnisse zwischen Ambach und Dénia an. Das headlinewürdige Stilfser Joch inklusive.
Im halben Jahr dazwischen fehlen die ursprünglich geplanten weiteren Mallorca-Eindrücke mit Schwerpunkt Palma und die anschließende Fanzara-Graffiti Rückreise aus Spanien nach Ambach. Genug weiteren Stoff gab’s danach von Touren um Schwabing, neuen Münchner Schlachthof-Graffitis, von den elegant geformten Drumlins des Voralpenlandes aus der Moränenzeit und heuer errichteten Maibäumen. Eigentlich passende Contents. Vielleicht für später. Unerfreulich Persönliches qualifiziert zum Teil als Ausrede für diese vergangene Bild- und Sprachlosigkeit.
Stattdessen jetzt, kurz & bündig: Es lebe das zeitnahe Erleben! Eine Art (redaktionelles) Carpe Diem, wie dies heutzutage häufig so verdächtig gescheit heißt. Hier also ein paar erinnerungswerte aktuelle Momente der jetzigen Reise nach Spanien.
In Garmisch der etwas wehmütige Blick auf Alpspitze, Zugspitze und die vorgelagerten Waxensteine
Hinter Austria und dem schon italienischen Reschenpass die erste Kaffeepause mit einer kurzen Wanderung zur Etschquelle und ihren felsigen Bunkeranlagen. Es geht zügig voran. Von Zuhause bis zum Stilfser Joch sind’s über den Fernpass und das beschauliche Pitztal nur knappe 250 km, eigentlich ein Tagesausflug denken wir.
Freschissima acqua vergine dell’ Adige
Im Südtiroler Vinschgau spürt man noch nichts von der nahen kurvenreichen Hektik des Stilfser Jochs. Die Handvoll Herbsttouristen und wir stören nicht. Die Ursprünge von Sankt Benedikt in Mals stammen aus der karolingischen Herrschaftszeit Ende des 8. Jh.. Der Turm ist romanisch. Das Juwel hatte seither, zwischen den beiden Hängen, zahlreiche Muren zu überstehen.
Im schlichten Saalbau des Kleinods sind wir allein mit den einzigartigen Fresken. Das macht sie für uns noch wertvoller.
Im zuvor besuchten netten Städtchen Gluns erinnert sich der Fotograf an sein Steckenpferd Kruzifixe …
… und seine Freude an zufälligen für ihn fotogenen Gestaltungskombinationen
Mit Zwiebelturm könnte dies auch ein oberbayerisches Postkartenklischee sein
Das Joch ist nicht mehr fern.An den Nordhängen wird’s winterlich
An Südhängen machen aus dem ländlichen Ambach vertraute betagte Traktoren Mut für den kurvenreichen Aufstieg …
… mit 48 meist extrem spitzen Kehren, ohne jegliche Einsicht auf das was einem so entgegen kommt
Wohlbehalten angelangt – ein kurviger Ausschnitt von oben
Unsere angesteuerte Tibet-Hütte ist in Sichtweite und mit dem Land Cruiser offenbar leicht erreichbar
Kaum angekommen lockt beim Blick aus dem kleinen Hüttenfenster, vor dem hoffentlich zünftigen Hüttenschmaus, ein Abendspaziergang: Der spontane Aufstieg zur legendären Garibaldi-Hütte (2845 m)
Ganz unbeschwerlich ist die kleine Tour dann doch nicht. Ich lass d´Frau vorangehen (Suchbild: War das vielleicht schon der Abstieg?)
Oben die Verbrüderung mit dem legendären wenn auch hier bescheiden metallenen Freiheitskämpfer. Spektakulär sind eher die nahen Schützengräben aus dem ersten Weltkrieg. Hier waren sogar Soldaten der nahen neutralen Schweiz involviert.
Am anderen Morgen sind’s bergab ein paar Kehren weniger. Zumeist kann man sie gut einsehen.
Weiter geht’s Richtung Mailand und Turin.Den Lago di Como erspähen wir jeweils in Sekundenschnelle zwischen den allerdings beeindruckenden kilometerlangen Tunneln. Das Teilziel Frankreich mit Sète lockt.
Zuerst zelebrieren wir traditionsgetreu einen unserer Lieblingspässe, den Col d‘ Izoard(2361 m), südöstlich von Briançon
In Erinnerung an die entgegen kommenden waghalsigen Motorradler in den Haarnadelkurven des Stilfser Jochs reizt uns diese einsame Maschine als alternatives Reisegerät nicht
Jetzt geht´s durch die vergleichsweise liebliche Landschaft des Queyras und dann ins Tal der Durance, der wir dann folgen
Hier wieder mal auf den Spuren des Festungsbauers Vauban (um 1700). Eigentlich suchen wir das in guten Reiseführern so gelobte Village Mont-Dauphin. Die Anlage gehört, mit elf anderen Vauban-Festungen, zum Welterbe.
Gefunden: Die kleine Stadt liegt, vom Tal her nicht erkennbar, gut versteckt hinter den starken Festungsmauern
Im Restaurant unseres heutigen Hotels vor der Festung was Kulinarischesentdeckt : Einen Kalbskopf comme il faut. Auch der große Vauban hätte diese Zubereitung geliebt. Sogar der bodenständige Steirer Manfred bei unserem Münsinger Altwirt hat das frühere Rezept der Altwirtin durch eine zubereitungsleichte Darbietung dieser wertvollen Spezialität ersetzt. Muss ihm unbedingt von Vauban berichten.
LeLac de Serre Ponçon – die Durance durchquert ihn wie die Würm den Starnberger See
Unser nächster Halt ist Sisteron. Es liegt an der Route Napoléon. Von seiner Verbannung auf Elba kommend marschiert Napoléon im März 1815 von seinem mittelmeerischen Landeplatz bei Antibes in einem 7-tägigen Gewaltmarsch über 300 km nach Grenoble. In Sisteron durchbricht die Durance die Montagne de Lure, sozusagen die etwas kleinere Schwester unseres westlich davon liegenden Lieblings, dem Mont Ventoux. Bei Sisteron erhält sie Verstärkung durch den Zufluss der Buëch. Die sogenannte Porte de la Provence gilt als Klimagrenze. Erst südlich von hier gib´s einen ersprießlichen Olivenanbau.
Heuer fällt jedoch auch südlich dieses Olivenäquators die Ernte höchst unbefriedigend aus. Auch bei uns. Seit der schweißtreibenden Wiederherrichtung – mit unserem großartigen Vecino und Amigo Pascual – reichten unsere alten Olivos der Finca immerhin für den anspruchsvollen eigenen Bedarf. Heuer dienen die zwei oder drei tragenden Zweige des kleinen alten Olivos direkt vor unserer Haustür in Dénia wenigstens der Zierde. (Wir hatten ihn vor Baggern gerettet und als einen unserer „städtischen“ Hausbäume hierher verpflanzt.)
Sisterons mächtiger Hausberg ist der Rocher de la Baume
Diese gewachsenen Souvenirs an Napoléon wirken ebenfalls wie Tore („portes“) nach Südfrankreich
Jetzt sind wir durchs Luberon südlich des Lure-Gebirges unterwegs … die weiten Lavendelfelder sind abgeerntet. Natürlich etwas schade.
Insekten laben sich jetzt am Nektar und Duft des Blumenkastenlavendels in den Dörfern
Im ländlichen Luberon endlich mal wieder eine selten gewordene französische Institution
Die begehrten Ockerfarben von Roussillion wirken auch außerhalb der lila-blauen Lavendelblüte
Die provençalische Schönheit Gordes
Wir müssen weiter, der Tag war lang. In Richtung Arles verspüren wir die vertraute Camargue-Landschaft
Dann das Tagesziel Sète mit seinen unzähligen Kanälen. Neben dem Hauptkanal gibt’s jetzt, nach einer längeren Sanierung der Seite zum Mittelmeer hin, noch mehr beschauliche Cafés
Die Kreuzfahrtriesen bleiben Gott sei Dank im Hintergrund und ihre ungemütlichen Passagiere verlaufen sich in der geschäftigen Stadt
Die köstliche (wenn auch nicht so fotogene) Fischsuppe genießen wir in dem am meisten abgelegenen Hafenrestaurant
Die des Herrn Karl vom Buchscharner Seewirt zuhause ist da schon ansehnlicher und natürlich, auf ihre Art, nicht weniger köstlich
Le Plateau – unser traditioneller kulinarischer Höhepunkt in Sète
Auch die Kulisse stimmt
Aber auch nicht zu verachten: Der Blick aus dem heimischen Seewirt während der letzten Fischsuppe am 7. September kurz nach 20 Uhr
Bevor wir die quirlige Stadt am nächsten Morgen verlassen, der letztes Mal aufgeschobene Besuch bei Georges Brassens auf dem hoch oben gelegenen Cimetière le Py (Letztes Mal waren wir bei Paul Valéry auf dem Cimetière marin mit seinem wunderbaren direkten Blick auf den Golfe du Lion)
Le Cimetière marin
Eine französische Institution:Bescheiden und vermutlich deshalb so beliebt und unvergessen. Les copains d´abord heißt sein vermutlich größter Erfolg. Die deutsche Übersetzung mit „Freundschaft“ trifft’s nicht ganz („sur le ventre ils se tapaient fort, les copains d’abord„)
Vor vielen vielen Jahren war das Sträßle zwischen Mittelmeer und dem Bassin de Thau mit seinen Austernzuchten um einiges gemütlicher …
Die geologisch und klimatisch angepassten Pinien ersetzen in diesem Landstrich Napoléons Platanen
Béziers gotische Kathedrale Saint-Nazaire ist uns von außen durch frühere Stadtdurchquerungen vertraut. Die historisch bewegungsreiche Stadt wird durch den Bau des Canal du Midi in der 2. Hälfte des 17. Jh. bedeutender Umschlagplatz für weinhaltige Produkte aus dem regionalen Anbau via Sète nach Bordeaux am Atlantik.
Diesmal besuchen wir die Kathedrale mit der grandiosen Orgel (Ursprung im 17. Jh.) vor der ebenso mächtigen 10-Meter-Rosette am westlichen Ende des mächtigen Kirchenschiffs
Spanien ist nah und lockt zunehmend. Wir entscheiden uns für eine weitere Übernachtung vor Zuhause: im kleinen Pueblo Deltebre inmitten des Ebrodeltas
Eine ländliche Hacienda lockt uns und rechtfertigt den ersten Eindruck
Vor dem abendlichen „cena“ begegnet der mächtige Ebro bei Vollmond dem Mittelmeer
Die etwas andere Art Austern aus dem Ebro zu genießen
Die naturbelassenen regionalen Scheidenmuscheln, normalerweise im Atlantik zuhause, erfüllen unsere Erwartung schon eher
Großartig ist die Fideuà mit Meeresfrüchten des Deltas. Offenbar kann der Ebro nicht nur Reis.
Ein paar wenige Reisfelder sind noch nicht abgeerntet
Vogelbilder sind jetzt selten
Herbststimmung im Delta
Das begehrte Grundnahrungsmittel auf dem Weg in eine der großen Reisfabriken des Umlands
Ganz ohne Unkrautvertilgung geht’s meist nicht. Von unserem Orangenanbau wissen wir dies nur allzu gut.
Unser vertrauter mächtiger Ebro bei Amposta am nächsten Morgen
Dann noch ein morgendlicher Spaziergang zur Burg des nahen Tortosa. Hier sehen wir ihn noch einmal in der Ferne vom Land her zum Delta fließen
Unterwegs ein lustiges Pendant zur obigen französischen Toilette: Im kleinen Straßencafé eines valencianischen Pueblos weist uns die Jefa mit einem Augenzwinkern den Weg zu dieser privat anmutenden Einrichtung
Vor Dénia noch ein Abstecher zum Grafiti-Pueblo Torreblanca (perdón, en español Graffiti con solo una f). Wir suchen und finden neue Objekte. Die älteren Schwarz-Weiß-Bilder beeindrucken uns jedoch wiederum am meisten: Gesichtslose und doch in ihrem jeweiligen Beruf ausdrucksstarke Menschen
Fleißige Bäckersfrauen (mit einer Ausnahme?)
„Management“-Persönlichkeiten waren in den vergangenen zwei Jahrhunderten der recht fortschrittlichen Küstenorte immer schon gefragt. Ständige Anpassungen und neue Wirtschaftsbereiche sind erforderlich: Fischfang, Landwirtschaft, Weinanbau, Produkte daraus, allerlei Gewerbe- und Industriezweige, Keramik, heute oft der Tourismus.
Auch Dénia und seine Region kennen eine sehr wechselhafte Geschichte des Wirtschaftens: Fischfang, Zitrusfrüchte, Weinanbau, Rosinenproduktion, Herstellung und Export von Spielzeug. Heute besteht eine recht sinnvoll erscheinende Mischung und Diversifizierung aus üblichem Handwerk und Handel, Bauwirtschaft, Garten- und Landschaftsgestaltung, Maklertätigkeiten und Tourismus. Hier profiliert sich zunehmend eine diversifizierte bodenständige valencianische Gastronomie. Sie reicht vom 3-Sterne-Lokal von Quique Dacosta bis zu Davids und Teos Chiringuito bei uns am Strand. Differenzierte Zielgruppen sind zu bedienen: Tagesbesucher, länger weilende Strandtouristen, unterschiedlichste Ansprüche von Residenten der Zweitwohnungen und natürlich die einheimischen Vecinos der Stadt.
Ständiger Wechsel und das Probieren „neuer Geschäftsideen“ sind in Dénia an der Tagesordnung. Kaum eine Ankunft ohne irgendeine Neuigkeit: Heute sind an der Esplanade unseres Stadtstrandes Marineta Cassiana nach Las Rotas Probierstände des jetzt jährlichen Gastronomiefestivals aufgebaut. Die Stadt hat es geschafft zu einem bedeutenden Platz valencianischer Essenstradition mit Schwerpunkt Meeresfrüchte und Reis, auch aus dem naheliegenden Marjal de Pego y Oliva, zu werden. (Über die Aussagefähigkeit des Logos D’na und der Plakate könnte oder müsste man sicherlich streiten)
Der bevorzugte und überwiegende Reiskonsum schließt die „Nudel-Paella“, die Fideuà, nicht aus. Nudelart und beigegebene Meeresfrüchte sind unterschiedlich. Neuerdings überwiegen feine Fadennudeln. Die köstliche Fideuà Negra von Chefkoch Bati Bordés erhält ihre Farbe vom Tintenfisch, schmeckt köstlich und ist trotzdem nicht jedermanns Sache.
Hier die Fideuà-Nudeln des Restaurante Rafel in Pego. Die Fischbrühe dringt auch von innen in die gröbere kurze Nudel (Fideo) ein
Diese Beiden halten´s mit der traditionellen Paella Valenciana. Sie haben soeben aus einem der Festivalstände einen Pappteller voll ergattert und suchen, beängstigend akrobatisch über sandigem Untergrund jonglierend, nach ihren elterlichen Mitessern
Ein paar Meter daneben geruhsames Marianeta-Strandleben mit Karibik-Touch für Paella-Abstinenzler
Im spanischen Zuhause mit farbenfroher Begrüßung angekommen … wie wenn der Hibiskus an der Hausecke seine übliche Blütezeit verzögert hätte
Mit etwa 320 km² ist das Ebrodelta nach dem Nationalpark Coto de Doñana im Süden das größte Feuchtgebiet Spaniens und nach dem Nildelta das größte Delta im Mittelmeerraum. Es ist ein nur Meter über dem Meeresspiegel liegendes flaches Sumpf- und Marschland mit Sanddünen und Lagunen mit Süßwasser. weiterlesen →
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